Dramatisches Diego-Debüt - Entsetzen in Wolfsburg

Wolfsburg - Geld schießt zwar Tore, garantiert aber keine Siege: Superstar Diego versprach dem VfL Wolfsburg “das Jahr der Siege“ und erlebte eine seiner bittersten Niederlagen.
Dem Spektakel folgte das Entsetzen. Superstar Diego sorgte bei den Fans des VfL Wolfsburg bei seiner Rückkehr in die Fußball-Bundesliga für Ekstase und erlebte dennoch ein Debakel. Nur 28 Stunden nachdem der brasilianische 15-Millionen-Neuzugang bei seiner Vorstellung in der VW-Stadt “das Jahr der Siege“ versprochen hatte, fügte der FSV Mainz 05 dem Europapokal-Aspiranten beim 4:3 in Wolfsburg eine der bittersten Niederlagen zu.
Wie man eine 3:0-Führung nach 30 Minuten noch verspielen kann, vermochte auch Ballzauberer Diego nicht aufzulösen. “Was nach dem 3:0 passiert ist, weiß ich auch nicht“, stammelte der 25 Jahre alte Neuzugang von Juventus Turin nach dem denkwürdigen Match. Die meisten der 26 116 Zuschauer in der VW-Arena hatte sich eine halbe Stunde an dessen Zauberpässen, Kabinettstückchen und tollen Kombinationen mit seinem neuen kongenialen Teamkameraden Edin Dzeko ergötzt.
Den Rheinhessen drohte nach einem Doppelpack von Torschützenkönig Dzeko (23. und 27. Minute) und dem Premieren-Tor von Diego (30.) der Untergang. Auch nach dem Anschlusstreffer durch Neuzugang Morten Rasmussen (39.) waren die siegessicheren VfL-Fans noch euphorisch angesichts des Coups, der Manager Dieter Hoeneß mit der Verpflichtung des ehemaligen Bremers am Donnerstag gelungen war.
Zur Pause prasselte ein Sturm der Begeisterung auf Diego ein, niemand verschwendete mehr Gedanken an das schöne und effiziente, aber nicht so spektakuläre Spiel des ausgebooteten Zvjezdan Misimovic, der gegen Mainz gar nicht mehr im Stadion gewesen sein soll. Doch am Ende stand der VfL wie schon beim 1:2 in München und dem entscheidenden Treffer in der Nachspielzeit mit leeren Händen da.
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“Wir sind innerhalb einer Woche zweimal hart getroffen worden. Das muss sofort aus den Köpfen raus“, forderte der neue VfL-Coach Steve McClaren, nachdem Mainzer Tore durch den bärenstarken Elkin Soto (48.), André Schürrle (58.) und Adam Szalai (85.) die Wolfsburger Fußball-Welt endgültig auf den Kopf gestellt hatten.
“Das muss ich erstmal verdauen“, presste der mitgenommene Manager Hoeneß heraus. Am deutlichsten aber wurde McClaren. “Wenn man nach 3:0 noch 3:4 verliert, sind mentale und charakterliche Probleme offensichtlich. Ich habe niemals zuvor so einen dramatischen Qualitätsverlust gesehen“, sagte der Engländer.
Obwohl Hoeneß und Mutterkonzern VW bisher 38 Millionen Euro - mehr als jeder andere Bundesliga-Club - in das Team investierten, um nach dem enttäuschenden achten Platz im Vorjahr wieder an die Ligaspitze zurückzukehren, ist vor allem in der Defensive keine Verbesserung erkennbar. “Wenn man nicht verteidigt, kann man keine Fußballspiele gewinnen“, wetterte McClaren und kündigte intensive Arbeit in den kommenden zwei Wochen bis zum nächsten Spiel in Dortmund an. “Wir haben zwar ein Team auf dem Platz, sind aber noch nicht zusammen gewachsen“, befand der ehemalige englische Nationalcoach.
Bei den Gästen überbot man sich dagegen in Lobeshymnen auf die Teamleistung. “Das war der Beweis einer tollen Entwicklung dieser Mannschaft“, sagte Coach Thomas Tuchel. Auch Manager Christian Heidel platzte fast vor Stolz: “Wir schnappen jetzt nach sechs Punkten nicht über, aber wir sehen schon eine stetige Verbesserung.“ Siegtorschütze Adam Szalai hatte eine ganz eigene Erklärung für die phänomenale Aufholjagd. “Wir sind ja nicht nur gekommen, um Diego zu feiern.“
Von Carsten Lappe